Quellensammlung Teil A
3: Übersicht: Bevölkerung, Land und Siedlung 1920-1948
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Der chronologisch orientierte Gang in Etappen soll an dieser Stelle unterbrochen werden durch einen Querschnitt durch die 30 Jahre Mandatszeit bis zur Unabhängigkeit Israels mit einer Übersicht zu entscheidenden Determinanten der Geschichte: die Bevölkerungsentwicklung und die Landfrage. Dabei wird die Endphase des britischen Mandats mit dem UN-Teilungsplan und seinen Folgen später extra behandelt.
A3.1. Bevölkerungsentwicklung nach Religionszugehörigkeit 1922-1944
1922 und 1931 erfolgten Volkszählungen, die anderen Daten basieren auf Extrapolationen daraus. Unklar war die Dimension der nicht sesshaften Beduinen, die hier der muslimischen Bevölkerung zugeschlagen wurden und auf Schätzungen beruhen (ca. 6ß-70.000). Für die Zeit ab 1939 kommt ferner die illegale jüdische Einwanderung hinzu, die naturgemäß in keiner Statistik auftaucht. In der Gesamtzahl der Bewohner sind auch diejenigen ohne Religionsangabe enthalten, die als Gruppe nicht separat aufgeführt wurden (1944: 14.098).
Jahr |
Bevölkerung |
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|
Muslime |
Christen |
Juden |
Gesamt |
1922 |
589.177 |
71.464 |
83.790 |
752,048 |
1925 |
641.494 |
75.512 |
121.725 |
847.238 |
1928 |
695.280 |
79.812 |
149.500 |
935.951 |
1931 |
759.700 |
88.907 |
174.606 |
1.036.339 |
1933 |
798.506 |
96.791 |
234.967 |
1.140.941 |
1934 |
814.379 |
102.407 |
282.975 |
1.210.554 |
1935 |
836.688 |
105.236 |
355.157 |
1.308.112 |
1936 |
862.730 |
108.506 |
384.078 |
1.366.692 |
1937 |
883.446 |
110.869 |
395.836 |
1.401.794 |
1938 |
900.250 |
111.974 |
411.222 |
1.435.285 |
1939 |
927.133 |
116.958 |
445.457 |
1.501.698 |
1940 |
947.846 |
120.587 |
463.535 |
1.544.530 |
1941 |
973.104 |
125.418 |
474.102 |
1.585.500 |
1942 |
995.292 |
127.184 |
484.408 |
1.620.005 |
1943 |
1.028.715 |
131.281 |
502.912 |
1.676.571 |
1944 |
1.061.277 |
135.547 |
528.702 |
1.739.624 |
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A Survey of Palestine. Prepared in December 1945 and January 1946 for the information of the Anglo-Amercan Committee of Inquiry. Vol. I. Printed by the Government Printer, Palestine, S. 141.Berman Archive |
Landerwerb durch jüdische Siedler Zu diesem Thema gibt es unterschiedliche statistische Angaben und Bewertungen der Sachlage. Hier folgt zunächst ein Auszug aus Wikipedia, anhand dessen auch ein Aspekt der Problematik deutlich wird. A3.5 a) Zusammenfassung von Analysen durch Wikipedia Von den 1880er bis zu den 1930er Jahren erfolgten die meisten jüdischen Landkäufe in der Küstenebene, dem Jezreel-Tal, dem Jordan-Tal und im weiteren Bereich von Galiläa. Dies war darin begründet, das man Land bevorzugte, das billlig und ohne Pächter war. Es gab zwei Hauptgründe, warum diese Gebiete so dünn besiedelt waren. Der erste Grund liegt darin, dass, als die Osmanische Macht in den ländlichen Gebieten im 17. Jh. nachließ, viele Leute in stärker zentralisierte Gebiete zogen, um Schutz vor den Beduinenstämmen zu erlangen. Der zweite Grund für die dünn besiedelten Gebiete der Küstenebene war die Art des Bodens. Der mit einer Schicht Sand bedeckte Boden macht es unmöglich, das in Palästina übliche Grundnahrungsmittel Getreide anzubauen.* Infolgedessen blieb das Gebiet agrarisch ungenutzt und unterbesiedelt. Die dünne arabische Besiedlung in den Gebieten, wo die Juden vorwiegend ihr Land kauften, erlaubte den Juden, ihren Landerwerb durchzuführen, ohne dass dies eine massive Verdrängung und Vertreibung von arabischen Pächtern nach sich zog. [1] In den 1930ern wurde das meiste Land von Landbesitzern gekauft. 52,6% des von den Juden gekauften Landes kam von nicht-palästinensischen Landbesitzern, 24,6% von palästinensischen Landbesitzern, 13,4% von der Regierung, Kirchen und ausländischen Gesellschaften, und nur 9,4% von Fellachen (Bauern). [2]** {1] Porath, Y. (1977). The Palestinian Arab National Movement: From Riots to Rebellion. London, UK: Frank Cass and Company Ltd. , S. 80- 87, https://en.wikipedia.org/wiki/Jewish_land_purchase_in_Palestine
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“ Diese Angabe ist zu pauschal. Die Küstenebene war nicht homogen, die Aussage trifft für den küstennahen Teil zu (wobei die sumpfigen Zonen nicht erwähnt werden), sie gilt nicht für den östlichen Teil hin zum Hügelland. ** Fellachen waren die Masse der Kleinbauern, die kaum mehr als Subsistenzwirtschaft betrieben. Der Verkauf ihres Landes bedeutete die Aufgabe der Landwirtschaft für sie
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b) Korrigierende Ergänzung: Die Angaben bei Wikipedia zum Landverkauf, dort aus dem Text von Halbrook zusammengefasst, beziehen sich in Wirklichkeit nicht auf die “1930er Jahre”, wie Wikipedia schreibt, sondern auf den ganzen Zeitraum bis März 1936; als erstmalig offizielle statistische Angaben dazu veröffentlicht wurden. Halbrook hat die Daten ebenfalls zusammenfassend 1:1 aus der Untersuchung von Porath übernommen (und sie hätten folglich von Wikipedia direkt von dort bezogen werden können). Viel aufschlussreicher sind im Original von Porath die Details: (1) Bis 1927 erfolgten ca. 80% der Verkäufe von nicht-palästinensischen Grundbesitzern und In den Perioden 1928-32 und 1933-36 halbierte sich jeweils die erste Kategorie und die zweite stieg 1928-23 komplementär dazu an (45%). 1933-36 kamen 62,7% aus dritter Hand (Staatsland, “ausländische Gesellschaften...”).[2}. Die Landverkäufe von grundbesitzenden Kleinbauern, Fellachen, vorher minimal, nahmen 1928-36 zu auf jeweils 18,3 und 22,5%. Die Angabe nur des Mittelwerts über den ganzen Zeitraum verfälscht insofern die Analyse, als die Entwicklung nicht berücksichtigt wird und der Verkauf von den Fellachen niedrig erscheint, während er in der letzten aufgeführten Phase erheblich zugenommen hat, prozentual und nominal. Dabei ist das ein entscheidender Punkt: Mit dem Verkauf gaben sie ihre bäuerliche Existenz auf. Grund dafür sind die exorbitant gestiegenen Bodenpreise: Von 1910 bis 1922 stieg der Preis für 1000 qm von umgerechnet 5 $ auf 8,5 $, 1936: 32 $, 1940: 67 $ und 1944: 262,5 $,als es kaum noch Land zu kaufen gab.[3] W.G. Cf. Yehoshua Porath: The Palestinian Arab National Movement. From Riots to Rebellion, Vol. 2: 1929-1939. London (Cass) 1977, S. 83-84.
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[1] Damit sind bäuerliche Landbesitzer gemeint, die trotz des fraglichen Landverkaufs weiterhin als Bauern existieren konnten. [2] Dies ist eine ganz unklare Angabe. [3] Angaben pro acre in Warwick P. N. Tyler: State Lands and Rural Development in Mandatory Palestine, 1920-1948. Brighton / Portland (Oregon) (Sussex Acad. Press) 2001, S. 10. |
A3.6. Karte mit dem jüdischen Siedlungsgebiet 1926 |
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Karte von Davis Trietsch, Berlin 1926, von: David Rumsey Map Collection |
Karte aus Davis Trietsch: Atlas der Jüdischen Welt. Berlin (Orient-Verlag) 1926. Das rot markierte Gebiet befand sich zu dem Zeitpunkt in jüdischem Besitz oder in langfristigem Leasing durch den Staat (Mandatsverwaltung).
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A3.7. Der palästinensische Zeitzeuge, Jurist und Politiker Anwar Nusseibeh über den Landtransfer Zusammenfassung des Wichtigsten. Die auswärtigen syrischen und libanesischen Großgrundbesitzer, wie auch die einheimischen palästinensischen, waren Nachkommen von Notablen im Osmanischen Reich, bei denen die Regierung Schulden hatte (Entlohnung für Dienste oder Kredite an den Staat, nicht näher spezifiziert), die sie aber nicht in Geld bezahlen konnte, sondern durch die Übertragung von Grundbesitz (aus Staatsland) vollzog. Angesichts der nun durch die jüdische Nachfrage steigenden Bodenpreise fanden sie eine unverhoffte Gelegenheit, das Land, an dem sie kein Interesse hatten und an dem auch sonst bislang keiner Interesse hatte, doch noch zu Geld zu machen. Cf. “Pattern of Disaster”. Personal Notes on the Fall of Palestine“, a Draft by Anwar Nusseibeh. S. 5. Zu Lebzeiten unveröffentlichte Aufzeichnung, |
Der Autor (geb. Jerusalem 1913, gest. ebd. 1986) stammte aus einer alteingesessenen Jerusalemer Familie, war Jurist in der britischen Mandatsverwaltung. Im Palästinakrieg 1948-49 kämpfte er gegen die Israelis und verlor dabei ein Bein. 1950 wurde er Abgeordneter des jordanischen Parlaments. Nach dem Sechstagekrieg riet er seinem Sohn Sari zur Verständigung mit den Israelis. Aus seinem Nachlass stammt eine nicht datierte historische Erinnerung über das „Pattern of Disaster“, Entwurf für ein Buch, das nicht vollendet wurde. - [1] Die Autorin bezieht sich hier auf:
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A3.8. Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer über die Landkäufe Die allerdings unvollständigen Statistiken für die Jahre 1878 bis 1936 ergeben, daß von den insgesamt 681978 Dunam [örtliches Flächenmaß], die in diesem Zeitraum legal von Juden erworben wurden, lediglich 9,4% von lokalen Bauern verkauft wurden. Mehr als zwei Drittel wurden von Großgrundbesitzern veräußert, die das Land in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts erworben hatten; zu 52,6% handelte es sich dabei um osmanische Staatsangehörige, die nicht in Palästina lebten, also «ausländische» absentee landlords, zu 24,6% um arabische Palästinenser, darunter zahlreiche Angehörige der großen städtischen Notabelnfamilien von den Nashashibi und Husaini in Jerusalem bis zu den Shawwa in Gaza («inländische» absentee landlords). Die Verkäufe waren ökonomisch motiviert und die Gewinne tatsächlich hoch (die Jahre 1932-1937 und, noch markanter, 1942-1945 verzeichneten dramatische Preis- und Gewinnsteigerungen). Die jüdischen Käufer waren bereit, Preise zu bezahlen, die über dem Marktwert und dem zu erwartenden Ertrag des Landes lagen; zugleich ließ die Nachfrage vor allem in den 1930er Jah-ren die Bodenpreise steil ansteigen. […] Gudrun Krämer: Geschichte Palästinas. München (Beck), 2002, S. 286-288. |
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A3.9. Der Landtransfer in der historischen Forschung und politischen Auseinandersetzung. Kleiner Überblick Die Untersuchung von Kenneth Stein, auf die sich Gudrun Krämer (siehe M 3.8.) vorwiegend bezieht, basiert rigoros auf Fakten, zuvorderst aus staatlichen und privaten Archiven, und unterscheidet davon Stellungsnahmen des Autors zu Fragen der politischen Geschichte. In seinem Buch sind mehrere Kauf- und andere Verträge abgedruckt (nicht im Faksimilé, sondern ins Englische übersetzt und typographiert). Es handelt sich dabei sowohl um Kaufverträge mit Beglaubigung der britischen Behörden, als auch um private Vereinbarungen, bei denen der arabischer Verkäufer nicht öffentlich in Erscheinung treten wollte. Außerdem wird detailliert über Streitfälle berichtet, die durch die britischen Behörden geklärt werden mussten. Unklarheiten in den Besitzverhältnissen führten oft zu bürokratischen Verfahren und auch Auseinandersetzungen zwischen arabischen Bauern und Behörden. Das Erbe der osmanischen Zeit hinterließ viele Unklarheiten. Fläche und Lage des Privatbesitzes war oft nur unpräzise beschrieben und durch Gewohnheitsrecht verankert, ein systematisches Grundbuch gab es nicht. Am eindeutigsten war der Großgrundbesitz definiert. Kleinbesitz und bäuerliche Pacht auf Staatsland gingen ineinander über insofern, als das Nutzungsrecht an ursprünglich staatlichem Land im Lauf der Zeit zu einem Besitzanspruch wurde, vor allem nach dem Untergang des Osmanischen Reiches. Wird ergänzt...
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Sami Hadawi: Land Ownership in Palestine. New York (Palestine Refugee Office) 1957. Kenneth Stein: The Land Question in Palestine, 1917-1939. Chapel Hill / London (Univ. of North Carolina Press) 1984. Warwick P. N. Tyler: State Lands and Rural Development in Mandatory Palestine, 1920-1948. Brighton / Portland (Oregon) (Sussex Acad. Press) 2001. Martin Bunton: Colonial Land Policies in Palestine, 1917-1936. Oxford (Univ. Press) 2007. Areej Sabbagh-Khoury: Colomizing Palestine. The Zionist Left and the Making of the Palestinian Nakba. Stanford (Univ. Press) 2023. |
A3.10. Die Entwicklung Palästinas 1920-1925. Aus dem Palestine Royal Commission Report 1937 3. 1920 war die Struktur der arabischen Gesellschaft in Palästina noch quasi-feudal. An der Spitze stand eine kleine Aristokratie von Landbesitzern, die schon lange vor dem Krieg in die Effendi oder die regierende Klasse des türkischen Reiches aufgenommen worden waren. Viele von ihnen waren wohlhabend und die meisten von ihnen gut ausgebildete Männer, die durch das Studium in Beirut oder anderswo oder durch Reisen die äußeren Formen der europäischen Kultur erworben hatten. Der Zusammenhalt dieser herrschenden Klasse wurde durch die traditionelle Rivalität zwischen ihren führenden Familien, von denen die beiden wichtigsten zu dieser Zeit die Hussein [1] und die Nashashibi [2] waren, etwas beeinträchtigt. An zweiter Stelle auf der sozialen Skala stand eine Mittelschicht von Fachleuten und Geschäftsleuten in den Städten - es gab einige kleine Industrien, insbesondere die Seifenherstellung in Nablus - und von wohlhabenderen Landwirten in den Ebenen. Die große Mehrheit der arabischen Bevölkerung waren Bauern oder Fellaheen, einige von ihnen Besitzer ihrer kleinen Grundstücke, aber meist Pächter oder Landwirte auf den Ländereien der Effendi, die in vielen Fällen „abwesende Grundbesitzer“ waren. Auf der untersten Stufe standen die Beduinen, Nomaden aus der Wüste, die noch weitgehend als Hirten lebten, aber auch primitive Landwirtschaft betrieben. Ihre Zahl wurde 1922 - wahrscheinlich zu hoch - auf etwas mehr als 100.000 geschätzt. |
Die nach ihrem Leiter genannte Peel-Commission bekam 1936 den Auftrag, eine historische Bilanz des Mandats Palästina zu verfassen. Dies geschah angesichts des in diesem Jahr ausgebrochenen “Arabischen Aufstands”, der bis 1939 dauerte. - Mehr dazu im folgenden Abschnitt, der noch in Arbeit ist. [1] Familie des Mufti von Jerusalem, der damals den Aufstand initiiert hatte: Mohammed Amin al_Husseini Wikipedia, vgl. al-Husayini family Wikipedia (englisch)
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4. Das herausragende Merkmal der bäuerlichen Klasse war ihre Armut. Dafür gab es mehrere Gründe: die schlechte Beschaffenheit des Bodens, vor allem in den steinigen Hügeln, wo die meisten Dörfer lagen, und der Mangel an Wasser; die hohe Schuldenlast, die sie um den größten Teil ihrer Einkünfte brachte und sie des Kapitals beraubte, das sie für eine bessere Bewässerung ihres Landes oder die Verbesserung der Ernten benötigten; die mangelnde Kenntnis intensiver Anbaumethoden; die erdrückende Wirkung des veralteten Bodensystems und die allgemeine Unsicherheit der Besitzverhältnisse; die begrenzten Märkte für Landprodukte und die schlechten Zugangsmöglichkeiten zu den Städten. […] |
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5. In Anbetracht der begrenzten Mittel, die zur Verfügung standen, wurden zwischen 1920 und 1925 bei der Bewältigung dieses komplizierten Problems erhebliche Fortschritte erzielt Ein Teil des Landes wurde im Vorfeld der Landbesiedlung vermessen und kartiert. Einschließlich der vor 1920 geleisteten Vorschüsse wurde eine Summe von mehr als einer halben Million Pfund, meist in kleinen Beträgen, an die Landwirte ausgeliehen. Fachkundige Beratung wurde für die Verbesserung und den Schutz der Kulturen bereitgestellt. In den ländlichen Bezirken wurden 2oo Grundschulen eingerichtet. Durch Drainage- und andere Maßnahmen wurde die Malaria, die 1920 nicht nur in den tiefer gelegenen ländlichen Gebieten, sondern auch in den Städten grassierte, in allen größeren Städten mit Ausnahme von Haifa und in weiten Teilen des Flachlandes beseitigt. […] Hunderte von Straßenkilometern wurden gebaut, was den Omnibusverkehr erleichterte und zu einem starken Anstieg des sonstigen Autoverkehrs führte. Das Eisenbahnnetz wurde neu organisiert und renoviert. Mit all diesen und anderen Maßnahmen wurde 1925 ein energischer Anfang gemacht, um das rückständige Palästina mit der materiellen Ausrüstung eines modernen Staates auszustatten. |
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6. Ein Großteil der oben zusammengefassten Arbeit wurde von anderen Stellen als der Regierung geleistet. Christliche Missionen und andere europäische philanthropische Einrichtungen, von denen einige schon lange vor dem Krieg in Palästina gegründet worden waren, spielten, wie auch heute noch, eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von sozialen Diensten, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen. Darüber hinaus gab es einige soziale Dienste, insbesondere im Bereich der Bildung, die die Juden von Anfang an auf ihre eigene Art und Weise und, wenn nötig, auf eigene Kosten bereitstellen wollten. Und für solche Ausgaben konnten die Zionistische Organisation und andere Einrichtungen große Geldsummen aufbringen. Infolgedessen wurde ein Großteil der oben erwähnten Arbeit von den jüdischen Einwanderern selbst geleistet, teils aus eigener Kraft, teils mit jüdischer Hilfe aus Europa und Amerika. Die Arbeit der Hadassah Medical Organisation, einer starken und effizienten Organisation, die von amerikanischen Zionisten gegründet wurde, verdient besondere Erwähnung: und wie die Trockenlegung von Sümpfen durch jüdische Kolonisten kam sie sowohl Arabern als auch Juden zugute. |
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7. Es sollte offen zugegeben werden, dass die sozialen Aktivitäten der Regierung zwar direkt oder indirekt dem ganzen Land zugute kamen, aber mehr zum Vorteil der Araber als der Juden. Das war einleuchtend, abgesehen von der Tatsache, dass die Araber die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ausmachten. Eine Annäherung und Zusammenarbeit zwischen den Ethnien, von der der letztendliche Erfolg des ganzen Experiments abhing, war kaum zu erwarten, wenn nicht in allen Lebensbereichen jede Anstrengung unternommen wurde, um die Kluft zwischen ihnen zu schließen. Aber selbst unter den günstigsten Bedingungen, selbst wenn die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel weitaus größer gewesen wären, als sie es waren, konnte die Schließung der Lücke, die Anhebung des arabischen Niveaus an Wissen, Geschicklichkeit und Unternehmungsgeist auf das jüdische Niveau nur sehr langsam vonstatten gehen; und auch wenn 1925 offensichtlich eine neue Ära des Fortschritts begonnen hatte, lebten die Araber immer noch in der Atmosphäre der Vergangenheit, immer noch getrennt, fast, wie es scheinen mag, durch Jahrhunderte, von dem gebildeten, einfallsreichen, westlich gesinnten Teil der Juden, die nun in wachsender Zahl ins Land kamen. […] Palestine Royal Commission Report [“Peel-Commmission”], July 1937, London (His Majesty’s Stationary Office) 1937, S. 44-45. UNISPAL Gemeinfrei |
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Bearbeitungsstand / update 18.8.2024
A3.4. Topographie der Küste nördlich von Jaffa um 1900
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Map of Western Palestine in 26 sheets : from surveys conducted for the Committee of the Palestine Exploration Fund / by Lieutenants C.R. Conder and H.H. Kitchener, R.E., during the years 1872-1877. London 1880, Online (Nat. Libr. Of Australia) Arsuf, das antike Apollonia (heute archäologischer Park), im Mittelalter Kreuzfahrerstadt und dann zerstört, zum Zeitpunkt der Karte Fischerdorf, 1922 bei der Volkszählung 172 Bewohner. |
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A3.2. Topographische Besonderheiten: Sumpfgebiete |
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Bild aus: Anton Alexander: Palestine 100 years ago seen through the malaria lens: an examination of successful malaria elimination, and of where the malaria community seems to have taken a wrong turning, in: MalariaWorld Journal April 2024, No. 7, National Library of Medicine / National Center of Biotechology Information
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A3.3. Beschreibung der Küstenebene im Palästina-Handbuch 1922 Die Ebene Saron* ist etwa 100 km lang. Am Karmel ist sie sehr schmal, und selbst 30 km weiter südlich, am Nahr-ez-Zerka,istsie nur 3 - 4 km breit, erweitert sich aber von hier aus ziemlich bedeutend und ist bei Cäsarea 12 und bei Jaffa 20 km breit. Die Saronebene ist ziemlich gut bewässert; der wichtigste, d. h. wasserreichste Fluß ist der Nahr-el-Audsche**, der 5 km nördlich von Jaffa ins Mittelländische Meer einmündet. * heute Sharon-Ebene zwischen Küste und Hügelland. Davis Trietsch: Palästina-Handbuch. Berlin/Wien (B. Harz) 5., erw. Aufl. 1922, S. 19. (Erstausgabe 1907) Gemeinfrei |
Karte: Keine größere Auflösung verfügbar. Städtenamensergänzungen auf der Karte nachträglich angebracht. Zum Erfolg der Malariabekämpfung und den positiven Auswirkungen auf die Bevölkerung insgesamt, auch der arabischen, siehe “Malaria in Mandattory Palestine” Wikipedia (engl.)
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Hinweis:
Verschiedene Angaben zur Bevölkerung in osmanischer Zeit, die ausgehend von den damaligen Provinzen auf das spätere Territorium Palästina berechnet werden mussten, gehen von 689.000 Einwohnern vor dem Ersten Weltkrieg aus, darunter 94.000 Juden, davon ca. 40% bereits Eingewanderte gegenüber den Alteingesessenen in Jerusalem, Hebron und in Galiläa.
Um der Einberufung zum türkischen Militär zu entgehen und auch während des Krieges flüchtete ein beträchtliche Anzahl von männlichen Einwohnern (z.T. mit Familien) außer Landes, meistens nach Ägypten.
Übersicht:
A3.1. Bevölkerungsentwicklung nach Religionszugehörigkeit 1922-1944
Geographische Bedingungen und demographische Auswirkungen (Besiedlung)
A3.2. Topographische Besonderheiten: Sumpfgebiete (Fotos, Karte)
Landerwerb durch jüdische Siedler
A3.5 a) Zusammenfassung der Analysen durch Wikipedia
b) Korrigierende Ergänzung
A3.6. Karte mit dem jüdischen Siedlungsgebiet 1926
A3.7. Der palästinensische Zeitzeuge, Jurist und Politiker Anwar Nusseibeh über den Landtransfer (Zusammenfassung)
A3.8. Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer über die Landkäufe
A3.9. Der Landtransfer in der historischen Forschung und politischen Auseinandersetzung. Kleiner Überblick
A3.10. Die Entwicklung Palästinas 1920-1925. Aus dem Palestine Royal Commission Report 1937
Geographische Bedingungen und demographische Auswirkungen (Besiedlung) |
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Das Land wurde nicht nur von auswärtigen Beobachtern als vergleichsweise dünn besiedelt und wirtschaftlich zurückgeblieben beschrieben. Deswegen war dies kein “Land ohne Volk für ein Volk ohne Land”, wie es bis heute gerne als Credo des Zionismus unterstellt wird, aber nie offizielle Parole war, wenn auch das Problem der ansässigen Bevölkerung unterschätzt wurde. Doch auch die national-arabische Bewegung im Osmanischen Reich sah das ähnlich auf einer Tagung der arabischen Oppositionellen, v.a. aus Syrern und Libanesen (diese Unterscheidung gab es damals noch nicht), in Paris 1913. Dort wurde der wirtschaftliche und demographische Rückgang des großsyrischen Raumes beklagt, so dass “seit etwa 20 Jahren mehr als 550.000 Syrer Syrien verlassen haben” und “Syrien heute fast schon entvölkert ist”. [1] Während die Gründer der Zionistischen Organisation (später: Zionistische Weltorganisation) bürgerlicher Herkunft waren, waren die ersten zionistischen Einwanderungswellen ´(hebräisch Alija, svw. “Aufstieg”, hier im symbolishen Sinne vestanden) stark von osteuropäischen Sozialisten geprägt, die die Kibbutz-Bewegung ins Leben riefen [2]. Der Erwerb von landwirtschaftlich nutzbarem Boden war daher von grundlegender Bedeutung. Nichtsdestotrotz war die die Niederlassung in den Städten und deren Ausbau zahlenmäßig größer und die spätere Einwanderung von Mittel- und Westeuropäern (1930er Jahre) erfolgte ganz überwiegend in die Städte. Die nachfolgenden Karten stellen Topographie und Besiedlung in einen Zusammenhang. |
[1] Aus dem Protokoll des Arabischen Kongresses in Paris vom 23.4.1913; auf Französisch in Henry Laurens: L’Orient arabe. Arabisme et islamisme de 1798 à 1945, Paris (A. Colin) 32010, S.120-123. [2] Kibbutz cf. haGalil
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